Zum internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust

Den heutigen Tag, den internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust, nehmen wir zum Anlass, um erneut zu erinnern und zu gedenken:
Der 27. Januar wurde nicht zufällig von den Vereinten Nationen zum Gedenktag gewählt. Er markiert das Datum der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die rote Armee am 27. Januar 1945. Auschwitz wird häufig als Synonym für das KZ-Lagersystem verwendet, das aus über 1.000 Konzentrationslagern und -außenstellen bestand. (Fußnote: Auschwitz ist der deutsche Name für einen ehemaligen polnischen Grenzort zwischen Polen und Deutschland, Oświęcim. Auschwitz war der Standort dreier Konzentrationslager, Auschwitz I (Stammlager), Auschwitz II (Birkenau) und Auschwitz III (Monowitz).) Der Spruch “Dass Auschwitz sich nicht wiederhole” ist vielen ein Begriff, ebenso wie das viel beschworene “Nie wieder”. Wenn über Auschwitz gesprochen wird, wird immer auch darüber gesprochen, was alles in dem Wort mitschwingt. Der Begriff Auschwitz kann Bilder von der Selektion an der Rampe in Auschwitz-Birkenau hervorrufen, von gesprengten Gaskammern, von befreiten Kindern am Lagerzaun, von Schuh-, Koffer- und Brillenbergen oder auch von dem Lagertor des Stammlagers “Arbeit macht frei”. 
 
 
Warum ist dieses Datum heute noch von Bedeutung?
 
Die Befreiung des Konzentrationslagers (KZ) Auschwitz-Birkenau hatte für die Inhaftierten und die im Nationalsozialismus Verfolgten, welche in den Vernichtungslagern ermordet werden sollten, natürlich eine enorme Bedetung.
Heute kommt der Befreiung, im Kontext des nationalsozialistischen Verbrecherstaates, weiterhin eine hohe symbolische Bedeutung  zu. Denn nicht zuletzt durch die KZs in Auschwitz wurde die logische Konsequenz der faschistichen und menschenverachtetenden Ideologie der Nazis sichtbar: Über 13 Millionen Menschen wurden in systematischer Weise von Nazi-Deutschland verschleppt, versklavt und auf teilweise unvorstellbare Art und Weise misshandelt und umgebracht. Unter ihnen waren vor allem Jüd:innen, Sinti*zze und Rom*nja, sowjetische Kriegsgefangene, Pol*innen, Menschen mit Behinderung, Kommunist*innen, Homosexuelle und unzählige Andere. Viele der Menschen wurden in KZs deportiert und dort systematisch und geplant ermordet. Allein in Auschwitz wurden etwa 1,1 Millionen Menschen getötet. Millionen Menschen, deren einziges Vergehen es war, nicht dem gewünschten Bild eines sogenannten “gesunden Volkskörpers” zu entsprechen. Millionen Menschen, deren Leben als “lebensunwert” betrachtet wurde. 
 
 
Das Unbegreifliche bleibt unbegreiflich
 
Das Wissen um die Ausmaße und die Bedeutung dieser Verbrechen darf nicht vergessen werden. Und gleichzeitig führt uns Auschwitz, und damit die gesamte Shoah, an die Grenzen des Sag- und Denkbaren. Wir finden keine Worte dafür. Zumindest keine Worte, die es tatsächlich auf den Punkt bringen würden
“Auschwitz bis ins Letzte erfahren haben die Umgekommenen, die von dieser Erfahrung nicht mehr sprechen können. Diese Auschwitz-Erfahrung verschließt sich den Überlebenden. Die Davongekommenen, die Überlebenden der Vernichtung, erfuhren Auschwitz auch in einer unvorstellbaren Totalität, an der das Vorstellungsvermögen der Außenstehenden, zumal der Nachgeborerenen, fast genauso scheitern muß [sic!]. Und es ist die Erfahrung der Überlebenden in ihrem Überleben, daß [sic!] auch ihre Worte dem, der es nicht selbst erlitt, kaum etwas begreifbar machen können von dem, was sie überlebten.” (Matthias Heyl). Wir werden mit Auschwitz nicht fertig, wir können all das wofür Auschwitz steht nicht “bewältigen”. Wir müssen zugeben, dass uns all das überwältigt und immer weiter überwältigen wird.
Primo Levi, ein Auschwitzüberlebender, schreibt zu den ersten Berichten über die nationalsozialistische Vernichtungslager: “Sie ließen eine Massenvernichtung von einem derartigen Ausmaß, von einer so unvorstellbaren Grausamkeit, mit so verworrenen Motivationen deutlich werden, daß die Öffentlichkeit, gerade wegen ihrer Ungeheuerlichkeit, dazu neigte, sie nicht zu glauben.”
 
 
Doch was hat das mit uns zu tun?
 
All das hat mehr mit uns zu tun, als uns lieb ist. Denn die sogenannte “Stunde Null”, sprich der Zusammenbruch und die Vernichtung der NS-Ideologie nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, hat nie stattgefunden. Schon früh nach dem Ende des Krieges wurden erste Stimmen laut, die Aufarbeitung der Naziverbrechen sowie die juristische Verfolgung von Täter*innen einzustellen. Man müsse schließlich in die Zukunft blicken. “Davon haben wir nichts gewusst!” war eine gängige Antwort auf die Frage, was die Menschen über die Verfolgung und Ermordung der europäischen Jüd*innen im NS gewusst haben. Hier wird deutlich, dass nicht von “ich”, sondern vom kollektiven “wir” gesprochen wird. Das “davon” lässt durchblicken, dass ganz genau gewusst wird, wovon man nichts gewusst habe. Aber wovon will man nichts gewusst haben? Von der Ermordungen in den Vernichtungslagern, dem Massensterben in den Ghettos und Arbeitslagern, den öffentlich stattgefundenen Deportationen oder dem Gesamtausmaß der Verfolgung und Vernichtung? 
Obwohl geleugnet wird, davon nichts gewusst zu haben, wird selten geleugnet, nichts gehört oder geahnt zu haben. Wie könnte auch geleugnet werden nicht mitzubekommen, wie Teile der Bevölkerung verschleppt und ihr Hab und Gut an die übrig gebliebenen verscherbelt werden? 
 
Deutlich wird diese Haltung auch daran, dass die Bundesrepublik teilweise erst Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkrieges Opfer der NS-Verbrechen auch als solche anerkannte. Zu viele Überlebende starben nach dem Krieg ohne jede Form der Anerkennung des ihnen zugefügten Leids und zu viele Angehörige der Opfer wurden von der Bundesrepublik nicht ernst genommen. Die aktuell letzte Opfergruppe, die der sogenannten “Asozialen und Berufsverbrecher”, wurde vom Bundestag erst im Jahr 2019 anerkannt.
 
 
Hat Deutschland aus den Fehlern der Nazizeit nicht Lehren gezogen?
 
Die selben Menschen die Auschwitz ermöglichten, haben nach dem Krieg die Behörden und den Verwaltungsapparat organisiert. Ranghohen Kriegsverbrecher*innen und Nazigrößen ermöglichte dies phänomenale Karrieren in der Bundesrepublik. Der Aufbau von Verfassungsschutzbehörden (VS), Polizei und Bundeswehr durch Nazis in der Bundesrepublik ist bis heute nicht in vollem Umfang aufgearbeitet. Hieraus ergaben und ergeben sich weitreichende Folgen von der erwähnten Nichtanerkennung von Opfern des NS bis hin zur strukturellen Ausrichtung von Behörden bis in die heutige Zeit.
Dies zeigte sich beispielsweise 2019 als dem VVN-BdA, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, seitens der Finanzämter der Status der Gemeinnützigkeit aberkannt wurde. Mit der Folge, dass die Vereinigung sich nicht mehr hätte finanzieren können. Dies fußte auf der Einschätzung des bayerischen VS, der den VVN-BdA als linksradikal und verfassungsfeindlich einstufte. Diese Einschätzung wurde  von den Finanzämter unkritisch übernommen.
Erwähnt seien weiter die Verstrickungen des VS mit dem NSU-Komplex. So sind beispielsweise die Untersuchungsakten zum NSU Komplex von Behördenseite für 120 Jahre gesperrt worden – Kanzlerin Merkels Versprechen der vollständigen Aufklärung wird somit nicht eingelöst werden.
 
Doch nicht nur Behörden, ebenso die Gesellschaft der Bundesrepublik selbst weist Kontinuitäten aus der Nazizeit auf: Im Rahmen der sog. “Wehrmachtsausstellung” der 90er und frühen 2000er Jahre regte sich heftiger Protest aus der deutschen Zivilbevölkerung. Diese wollte den Mythos einer “sauberen Wehrmacht”, die sich nicht an deutschen Kriegsverbrechen beteiligte aufrechterhalten – obwohl diese These wissenschaftlich eindeutig widerlegt ist. Hier ist festzuahlten, dass die Mitläufer*innen und die Täter*innen im NS immer einen Handlungsspielraum hatten, den sie genutzt oder geleugnet haben. “Es zieht einen ebenso unüberbrückbaren allgegenwärtigen Stacheldraht zwischen dem Lagerinneren und -äußeren, zwischen Täter*innen und Mitläufer*innen auf der einen und den Opfern auf der anderen Seite. Es gilt festzuhalten: die Opfer hatten keien Wahl, wo sie sich wiederfanden, die Täter*innen und Mitläufer*innen wohl. Sie hätten die Seite wechseln können, immerhin.” (Matthias Heyl). Die Beteiligung der normalen Bevölkerung im Nationalsozialismus wurde lange Zeit nicht zur Kenntnis genommen. Ebensowenig wie die Tatsache, dass die Täter*innen gewöhnliche, durchschnittliche Deutsche ihrer Zeit waren,  Menschen, die dazu in der Lage waren ihr Handeln zu überdenken. 
 
 
Und nun?
 
Erinnern heißt kämpfen – dies darf für uns keine Floskel sein. In einer Gesellschaft, die das Erinnern an Naziverbrechen schon immer gerne hinter sich gelassen hätte, müssen wir konsequent auf die Kontinuitäten aus der Vergangenheit in unsere Gegenwart hinweisen, diese benennen und bekämpfen. Gleichsam wollen wir den Opfern gedenken und dazu beitragen, dass sie nicht in Vergessenheit geraten. Die Nazis haben nämlich versucht jegliche Erinnerung an die Ermordeten und Verfolgten auszulöschen. Dafür haben sie die Vernichtungslager der “Aktion Reinhard” abgerissen, das Gelände verändert, Hügel aufgeschoben und Bäume gepflanzt. Sie haben Akten vernichtet und sich ins Schweigen zurückgezogen. Trotzdem ist es ihnen nicht gelungen, ihre unfassbaren Taten zu vertuschen und all ihre Opfer zu Vergessenen zu machen. 
Wir wollen die Verbrechen im Nationalsozialismus nicht damit abhaken, dass wir uns einmal im Jahr öffentlich hinstellen und gedenken. Wir wollen auf die Geschichten und Leben der Betroffenen und Ermordeten verweisen, auf Kontinuitäten hinweisen und auch die Täter*innen und Mitläufer*innen in den Blick nehmen. 
 
 
“Wer gegen die Nazis kämpft, der kann sich auf den Staat überhaupt nicht verlassen!”
Esther Bejarano, Antifaschistin und Auschwitz-Überlebende.

Extrem rechte Einflüsse bei Corona-Protesten in Duisburg

Die wöchentlichen Proteste, die oft als “Spaziergänge” verharmlost werden, ziehen seit Wochen montags durch die Straßen deutscher Innenstädte. Wie auch andernorts stützen sie sich auch in Duisburg stark auf extrem rechte Strukturen. Das heißt sie werden von Akteur*innen der extremen Rechten mit organisiert, beworben, besucht und radikalisiert. Die Mehrheit der Teilnehmenden in Duisburg gibt sich nach außen hin durchaus Mühe, einen rechtsradikalen Eindruck zu vermeiden. Jedoch sind diese “Distanzierungen” oftmals lediglich oberflächliche Kosmetik, die den antisemitischen und NS-verherrlichenden Unterbau kaschieren soll. Dass dieser nicht zu leugnen ist, werden wir im folgenden Artikel deutlich machen. 
 
 
Aufbau und Struktur der Corona-Proteste
 
Die Duisburger Montags”spaziergänge” haben seit Anfang Dezember massiv an Zulauf gewonnen. Koordiniert und beworben wurden sie zu Beginn vor allem in der Telegram-Gruppe “Wir stehen auf /DU”. Diese Gruppe gehört zu den, laut Eigenaussage, insgesamt über 170 Telegram-Gruppen, die vom Dinslakener Querdenker Stefan Brackmann administriert werden. Brackmann ist prominenter Querdenker der ersten Stunde, Parteigründer der Partei “Die Föderalen”, Anmelder einer “permanenten Demo ab 01.01.2021 in ganz Deutschland, bei sonstiger Anwendung von §20 Absatz 4 des Grundgesetzes” und sieht sich seitdem “im Widerstand”. Weiter waren im Orgateam ein gewisser “Marko” und Dennis Straub, der als Security und  Kontrolleur bei Abellio arbeitet, sich selbst gerne “Der Entsorger” nennt und die Telegram-Gruppe “Duisburg vereint für die Freiheit” und die Facebook-Seite “Gemeinsam für die Freiheit Duisburg” betreibt. Nachdem öffentlich bekannt wurde, dass besagte Facebook-Seite vorher “Duigida” hieß und Straub schon seit Jahren als rassistischer Agitator bekannt ist (Nachzulesen z.B. hier), erfolgte sein Ausschluss aus dem Orga-Team. In der Hauptgruppe “Wir stehen auf /DU” wird sich seitdem Mühe gegeben, Äußerungen von offenem Rassismus, Antisemitismus und Reichsbürger-Ideologie zu unterbinden. Die Ansichten bleiben bei den meisten in der Gruppe und im Orga-Team trotzdem weiterhin vertreten.
 
Als weitere Unterstützer*innen von Brackmann ist die Duisburger Immobilienmaklerin und Verschwörungsideologin Manuela Ceresa zu benennen, die immer wieder als Rednerin und Moderatorin fungiert. Auch Dirk Magnutzki, der mehrere Verschwörungsideologische Telegram-Kanäle betreibt, tritt immer wieder als Redner auf. Die Bundesvorsitzende der Partei “Die Föderalen”, Maren Zaidan, unterstützt v.a. durch die Administrierung der TG-Gruppe. Dort wird restriktiv moderiert, um für das bürgerliche Spektrum attraktiv zu bleiben und neue Mitglieder nicht durch “fortgeschrittene” Verschwörungserzählungen abzuschrecken. Dies ist eine taktische Erwägung und liegt nicht daran, dass man diese Ideologien ablehnen würde. So wird etwa im automatisierten Begrüßungstext der TG-Gruppe extra darauf hingewiesen, dass “spätere Möglichkeiten, wie Friedensvertrag/VV/Souveränität” nicht diskutiert werden sollen. Hier zeigt sich klares Reichsbürger*innen-Vokabular. 
Weiter zeigte sich diese Ideologie beispielsweise bei der Kundgebung am 09. Dezember 2021. Dort nennt der Organisator Stefan Brackmann die extrem rechten „Freien Sachsen“ als Vorbild und Organisator “Marko” benutzt antisemitische Codes und verbreitet haarsträubende Falschinformationen bezüglich der Covid-19 Pandemie
 
In der abgespaltenen Gruppe rund um Dennis Straub und seiner Clique lässt sich dieser Kurs noch klarer erkennen: Dort findet sich offener Rassismus, Queerfeindlichkeit und Antisemitismus, Reichsbürger*innenideologie, Nazi-Vokabular (“Dreckige Volksverräter”) sowie eine klare Gewaltaffinität und Gewaltaufrufe. Trotz des “Ausschlusses” sind diese Leute weiterhin auf den Demos vertreten. Der “Ausschluss” fungierte primär als PR Aktion, ohne tatsächliche Konsequenzen nachzuziehen. So moderiert Straub zum Beispiel auch nach dem “Ausschluss” mit eigenem Megafon neben Brackmann die Auftaktkundgebungen und spielt während der Demonstrationen den Anheizer.
Aus dem selben Spektrum werden in mehreren Duisburger Stadtteilen unangemeldete “Spaziergänge” organisiert. Diese werden von der Polizei geduldet und scheinen gerade für Leute mit mehr Bereitschaft zu “widerständigen” Aktionen ein wichtiges Vernetzungsinstrument zu sein.
 
 
Extrem rechte Einflüsse und Stichwortgeber*innen 
 
Die unzähligen Aussagen, Links und Weiterleitungen in den Telegramgruppen wurden u.a. von den Ruhrbaronen bereits ausführlich dargelegt. Deshalb lassen wir Attila Hildman, Busfahrer Thomas Brauer, Tim Keller, AktivistMann, Lukreta, Q-Anon, Trump und all die anderen digitalen Stichwortgeber*innen mal rechts liegen und schauen uns die Demos vor Ort etwas genauer an. 
 
Auf den vermeintlich harmlosen “Spaziergängen” tummeln sich nämlich militante Neonazis, beispielsweise aus dem Umfeld von PegidaNRW und der Partei Die Rechte. Sie unterstützden die Demonstrationen und bedrohen dabei Journalist*innen und politische Gegner*innen. Schon bei der, damals noch stationären, Kundgebung am 9. Dezember waren nicht nur die bekannte Duisburger Nazi-Aktivistin Andrea Streyer anwesend. Begleitet wurde sie beispielsweise von einer weiteren Person, die schon mehrfach auf Aufmärschen der Partei “Die Rechte” gesehen wurde. Auch die Redebeiträge der Kundgebung hatten es in sich. Es kam wiederholt zu NS-Vergleichen und Holcaustrelativierungen, mit Begriffen wie “Plandemie” und “Great Reset” wurden antisemitisch konnotierte Verschwörungserzählungen verbreitet und der “Osten” und die “Freien Sachsen” wurden als Vorbilder benannt. 
 
Auf der Demonstration am 13. Dezember verharmloste ein Redner den Holocaust, indem er beispielsweise die Impfkampagne mit den menschenverachtenden Taten des Nationalsozialisten Josef Mengele vergleicht. Auch Streyer und ihre Begleitung waren wieder anwesend. 
 
Am 20. Dezember waren der bekannte rechtspopulistische Blogger Jürgen Hans Grimm von PI-News und der langjährige Pegida-Aktivist und AfD-Kanidat für die Bezirksvertretung Hamborn bei der Kommunalwahl 2020 Markus Spank vor Ort. Außerdem wieder Andrea Streyer mit weiteren bekannten Neonazis. 
Aus dem Orgateam und Dunstkreis von Pegida-NRW nahm auch Kevin Strenzke an den Protesten teil. Am 3. Januar bedrohte dieser gemeinsam mit einem weiteren Mann Journalist*innen. Zudem war auch Markus Spank wieder vor Ort.
Aufgefallen sind weiterhin wiederholt Thomas Eckleder und Marcel Schmuck, Kandidaten der neonazistischen Kleinstpartei Die Rechte sowie weitere Aktivist*innen und Unterstützer*innen, wie Adrian Albrecht und einige weitere. Eckleder und Schmuck provozierten am 10. Januar den Gegenprotest, indem sie ohne Maske quer durch ihn hindurch liefen. 
 
Am 17. Januar wurde die Demonstration von Werner B. live gestreamt. Unter dem Youtube-Kanal “Germandefence24” verbreitet B. seit Jahren Livestreams extrem rechter Demonstrationen, v.a. von Pegida NRW. Auf dem Stream sind zwei Personen zu sehen, die T-Shirts mit der Aufschrift FCK NWO, eine klassische antisemitische Verschwörungstheorie, trugen. Ein Mann, der sich lange mit Werner B. unterhielt und neben ihm herlief, provozierte laut mehreren Zeug*innenaussagen den Gegenprotest mit midnestens drei Hitlergrüßen. Anwesend waren weiter erneut Andrea Streyer und Ralf Panek, der auch die Konfrontation mit der Polizei suchte und von einem Beamten weggestoßen werden musste. Vorausgegangen war, das ein Teilnehmer wegen fehlender Maske mit der Polizei aneinander geriet und anschließend in Gewahrsam genommen wurde. Während von der Orga rund um Brackmann, die oft ihr gutes Verhältnis zur Duisburger Polizei betont, versucht wurde zu deeskalieren und die Demo schnell weiterlaufen zu lassen, peitschten Straub und seine Entourage die Menge auf. 
 
 
Beteiligung der AfD 
 
Auch die AfD lässt sich bei den montaglichen Protesten blicken: So hat Sascha Lensing von der AfD Duisburg die Schwurbeldemo am 17.Januar “privat” auf seinem öffentlichen Facebook-Profil beworben. Auch ist er auf Posts von seinem Parteikameraden Andreas Laasch auf der Demo zu sehen. Dies ist gleich doppelt problematisch, da Lensing Polizist ist. Auf einem anderen Bild von Laasch sind Marcel Schmuck und weitere Mitglieder von Die Rechte zu sehen. Markus Spank scheint laut Foto als Ordner beteiligt gewesen zu sein. Zumindest hatte er eine “Ordner”Markierung aus Kreppband auf seiner Jacke. Spank war in der Vergangenheit bereits auf Fotos von AfD Flyeraktionen zu sehen. Heike Betz hat im Dezember zumindest einen Post mit Fotos von einer Coronademo in Oberhausen geteilt, sie scheint diese Aufmärsche also auch grundsätzlich zu unterstützen.
 
 
Ausblick
 
Am 17. Januar ist ein Konflikt offen ausgebrochen, der schon länger innerhalb der Orga-gruppe zu schwelen schien. Im Telegram-Chat von Straub waren nach dem Vorfall um die Ingewahrsamnahme offene Gewaltaufrufe gegen die Polizei zu lesen. So habe man beispielsweise die Polizei angreifen sollen, um den Teilnehmer zu befreien. Offensichtlich wird nun über eine militantere “Strategie” diskutiert. Brackmann hat die Montagsdemo am 24. Januar nun abgesagt – Straub und Co freuen sich und melden nun für Montag den 24.01. selbst eine Demo an. Da die umtriebigsten Hetzer in der “Wir Stehen Auf”-Gruppe gesperrt sind, haben sie sich sogar die Mühe gemacht, alle Gruppenmitlgieder privat anzuschreiben, um “ihren” Aufmarsch am kommenden Montag zu bewerben. Weiter wurde eine “Bekanntgabe” in Form eines vierseitigen PDF Dokuments in den TG-Gruppen verbreitet. Dort werden Strategien zur Aushebelung der aktuellen Coronaschutzverordnung benannt. So sollen die Teilnehmenden beispielsweise Trillerpfeifen sowie genügend Essen und Trinken mitbringen, um somit das Tragen einer Maske zu verweigern. Als technische Maßnahme wird darauf hingewiesen die Handykamera griffbereit zu haben, sobald man das Gefühl habe schikaniert zu werden. Außerdem solle man einen auf 1,5 Meter Länge geklappten Zollstock bei sich führen, um Polizist*innen auf Abstand zu halten. Es gibt noch einen weiteren “kleinen aber effektiven Plan, um […] gegen die Willkür der Behörden anzugehen.” Aus Angst vor möglicher Beobachtung der TG-Chats wird dieser jedoch nicht im Vorfeld bekannt gegeben. Die Diskussionen in den Telegram-Gruppen sind vom Ruf nach Militanz geprägt.
Trotz des offen schwelenden Konflikts wird in dem Papier Zusammenhalt propagiert. So heißt es beispielsweise: “Wir wollen geschlossen gehen und eine Einheit bilden. Das gibt erhebliche Sicherheit und stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl. Einer für alle und alle für einen.” Es bleibt spannend, wie sich die Teilnahmezahlen entwickeln, was passiert falls die Polizei versuchen sollte die Maskenpflicht durchzusetzen und ob es sich diesmal um einen tatsächlichen Bruch zwischen den beiden Lagern handelt.
 
Warum es sich unabhängig von der Teilnahme oder Nichtteilnahme einzelner Neonazis bei den aktuellen Aufmärschen um im Kern rechte und antisemitische Mobilisierungen handelt, haben wir z.B. in unseren Redebeiträgen deutlich gemacht. Einen davon findet ihr hier.
 
Untenstehend noch ein paar Bilder – wir danken allen Menschen, die sich immer wieder in Gefahr begeben, um Naziaufmärsche und rechte Mobilmachungen zu dokumentieren!
 
 
Richtigstellung:
In einer früheren Version ist uns ein Fehler passiert. Wir haben die Mengele-Vergleiche eines Redners am 13. Dezember fälschlicherweise einem anderen Redner zugeschrieben, den wir hier auch namentlich genannt haben. Der Redner hat uns kontaktiert und auf den Fehler hingewiesen. Als Konsequenz haben wir seinen Namen aus diesem Artikel gelöscht.

Redebeitrag bei Gegenprotest gegen Querdenken am 10.01.2022

Am Montag den 10. Januar 2022 haben wir auf dem Gegenprotest gegen die verschwörungsidologischen “Querdenken”-Aufmärsche eine Rede gehalten, deren Inhalt wir hier dokumentieren:

Graffiti: Fight Querdenken
Das System ist gemein, aber nicht geheim. Fight Querdenken!

Wir befinden uns im dritten Jahr einer gefährlichen Pandemie. Das heißt, wir müssen uns immer wieder mit steigenden Infektionszahlen und neuen Virus-Varianten herumschlagen. Gleichzeitig beobachten wir ein Versagen in “der” Politik, die wirtschaftliche Interessen mal wieder über Menschenleben stellt, wissenschaftliche Erkenntnisse oftmals ignoriert oder instrumentalisiert und auf die Krise weitgehend nur mit spießbürgerlicher Symbolpolitik reagiert. Entweder gibt es autoritäre Antworten, die hauptsächlich sozial und finanziell benachteiligte Teile der Bevölkerung treffen, oder Maßnahmen, die im neoliberalen Sinn an die sogenannte Eigenverantwortung der Bürger*innen appellieren.

Nun können Krisen immer als Chance gesehen werden, um aus vergangen Fehlern zu lernen und um etwas besseres entstehen zu lassen. Und ja, auf den Straßen wird protestiert. Doch leider nicht für einen solidarischen Weg aus der Krise. Die Debatten um mögliche politische Maßnahmen werden von Fake-News, rechte Propaganda und Verschwörungszählungen dominiert. Die Menschen gehen gegen 3G oder 2G, gegen eine vielbeschworene „Spaltung der Gesellschaft“ oder gegen „die da oben“ auf die Straße. Sie denken sie Kämpfen gegen eine vermeintliche Diktatur. Teile von ihnen lehnen Impfungen und wissenschaftlich-basierte Medizin allgemein ab oder sie leugnen gleich die Existenz der Pandemie. Ihr seht, die Themen auf diesen Protesten sind vielfältig. Nur für das gute Leben für ALLE scheint kaum jemand das Haus zu verlassen… Aber ist gibt neben all den Unterschieden auch etwas, was die aktuellen Proteste alle gemeinsam haben.

Die erste Gemeinsamkeit: Durch den massiven Zulauf bei den Protesten kommt es zu einer merklichen Radikalisierung. “Wer mit 1.000 Menschen auf die Straße geht, fühlt sich in der Mehrheit. Wenn es plötzlich der Nachbar ist, mit dem man zusammen demonstriert, fühlt man sich zusätzlich bestärkt” (Pia Lamberty). In den dazugehörigen Telegram-Gruppen wird sich stark um Vernetzung abseits der größeren Demonstrationen bemüht. Es entstehen Untergruppen, Regionalgruppen und Stadtteilgruppen. Das heißt, die Mitglieder verabreden sich auch abseits der großen Termine für ihre „Spaziergänge“. Es geht explizit darum, sich für den “Tag X” zu vernetzen, oder falls Telegram die ganzen Chatgruppen löscht. Die Teilnehmer*innen fühlen sich durch das Gerede von einer imaginierten “Corona-Diktatur” bestärkt. Sie schaffen eine politische Endzeiterwartung und denken im “Jetzt oder nie”. Dies wiederum nutzen sie, um ihre, teilweise auch gewaltvollen, Aktionen zu rechtfertigen. Denn was sollte gegenüber einer nahenden Diktatur nicht gerechtfertigt sein? Und hier kommen wir wieder ins Spiel. Diese gefühlte Ermächtigung muss gebrochen werden. Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir heute hier sind und dem selbsternannten Volk zeigen, dass sie eben nicht die Mutigen sind, die für eine schweigende Mehrheit sprechen. Dass sie eben nicht die Mehrheit sind, keine Vollstrecker*innen eines imaginierten Volkes, keinen Held*innen die durch die Weigerung des Maskentragens ein autoritäres System stürzen.

Nun zur zweiten Gemeinsamkeit. Die Proteste stützen sich, wer hätte es anders gedacht, stark auf extrem rechte Strukturen. Das heißt, sie werden von Akteur*innen der extremen Rechten mit organisiert, koordiniert, beworben, besucht, geprägt und radikalisiert. Dies ist auch hier in Duisburg der Fall, wo man sich nach außen durchaus Mühe gibt einen rechtsradikalen Eindruck zu vermeiden. So nennt der Organisator Stefan Brackmann beispielsweise die extrem rechten „Freien Sachsen“ als Vorbild und wähnt sich im “Widerstand”. Organisator Dennis Straub war früher schon Strippenzieher von Pegida und beklatscht Holocaustrelativierungen und Organisator “Marko” benutzt antisemitische Codes und verbreitet haarsträubende Falschinformationen. Auf den Demos tummeln sich militante Neonazis aus dem Umfeld von Pegida und Die Rechte und bedrohen Journalist*innen und politische Gegner*innen. Aber an dieser Stelle sei noch gesagt, dass die extreme Rechte die Demonstrierenden gegen die Corona-Schutzmaßnahmen keinesfalls verführt hat, sondern , dass die extreme Rechte sich nur angedockt hat und die ideologischen Lücken füllt. Dass die rechten Aktivist*innen den gebotenen Raum nutzen um ihre menschenverachtenden Positionen zu normalisieren, sie anschlussfähig zu machen und die anderen Teilnehmer*innen zu radikalisieren. Und hier wird wieder deutlich, weshalb unser Gegenprotest heute so wichtig ist. Wir müssen zeigen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen und Betroffene der Einschüchterungsversuchen helfen, weiter aktiv zu bleiben. Wir wollen den Teilnehmer*innen des Protests vor Augen halten, dass sie nicht die Verfolgten einer Diktatur sind, sondern dass sie Neonazis und Faschist*innen unterstützen, die nichts lieber täten als eine echte Diktatur zu errichten.

Und damit sind wir bei der dritten Gemeinsamkeit der aktuellen Proteste: dem Antisemitismus. Und nicht das hier Unklarheiten entstehen, der Antisemitismus ist nicht einfach plötzlich da, er war nie weg. Er schlummerte in der Gesellschaft, wurde hinter vorgehaltener Hand weitergegeben. Neu ist nur, dass er sich so offen und so laut äußert. Er ist das perfekte Bindeglied zwischen der vermeintlich politisch neutralen Mitte der Gesellschaft und der extremen Rechten. Der Antisemitismus äußert sich in den immer wiederkehrenden unpassenden Vergleichen der Ungeimpften als den „neuen Jüdinnen und Juden“, in den Selbstinszenierungen als „Widerstandskämpfer*innen“, im Gerede von Diktatur, “den globalen Eliten”, dem “Great Reset” und dem Impf-Genozid. Antisemitismus ist in den Verschwörungserzählungen selbst angelegt. Sie handeln stehts von einer kleine Gruppe an geheimen, supermächtigen und zugleich niederträchtigen Menschen. Es gibt Sündenböcke, die alles, was auf der Welt geschieht, planen und steuern. Diesen vereinfachten Welterklärungen gilt es ein analytisches und selbstreflektierendes Denken entgegenzusetzen. Ein Denken, dass Autoritäten hinterfragt und nicht nur das Problem auf geheime Logen verschiebt. Ein Skeptizismus, der vor den eigenen Überzeugungen nicht halt macht. Ein Denken, dass wissenschaftliche Erkenntnisse akzeptiert. Und vor allem ein solidarisches Denken – und Handeln.

Als radikale, emanzipatorische Linke können wir uns nicht darauf ausruhen, uns impfen zu lassen und uns in der globalen Krise möglichst persönlich verantwortungsvoll zu verhalten. Die Einschränkungen von bestimmten Grundrechten müssen kritisch beobachtet werden. Autoritäre Polizei- und Versammlungsgesetze müssen bekämpft und verhindert werden. Durch die Krise verschärfen sich die sozialen Ungleichheiten gerade massiv, hier müssen wir aktiver sein!

Gegen kapitalistische Verwertung des Gesundheitssektors und gegen Impfpatente, gegen die Abschottung Europas und für offene Grenzen und für sichere Fluchtwege, gegen den körperlichen und psychischen Raubbau an Pfleger*innen, Arbeiter*innen, Eltern und allen anderen, die besonders unter der Krise leiden. Wir müssen uns solidarisch organisieren, um unsere Forderungen durchsetzen zu können und um die Lasten der Krise gerecht zu verteilen!

Gemeinsam für eine solidarische Gesellschaft, in der für alle gesorgt wird und wir alle ohne Angst unterschiedlich sein können.

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