Nachbericht: Pegida NRW 8. November 2021

Hier unser Nachbericht zur Kundgebung von Pegida NRW in Duisburg am 08. November 2021. Die Kundgebung fand in einem von der Polizei mit Hamburger Gittern abgesperrten Teilbereich des Bahnhofvorplatzes statt. Bis auf die ca. 50 rechten Teilnehmenden verirrte sich sonst niemand dorthin. Die meiste Zeit wurde die Kundgebung von dem antifaschistischen Gegenprotest übertönt.

Foto von Infozentrale

Die Kundgebung von Pegida NRW wurde von einem gewissen „Stefan“ als Versammlungsleiter eröffnet. Unterstützt wurde die Veranstaltung unter anderem durch René Abel, Tanja M. und Hanno Breitkopf, die durch ihre Ordner*innenbinden auffielen. Hanno “Jupp” Breitkopf sprang außerdem als “Techniker” ein, wenn Kevin Strenzke mit der Lautsprecher-Box überfordert war. Tanja M. fiel unter anderem dadurch auf, dass sie aggressiv Fotograf*innen anpöbelte. Strenzke, der vor sechs Jahren seine erste Rede bei Pegida NRW hielt, moderierte die Kundgebung, stellte die Redner vor und fungierte auch selbst als Redner – teilweise allerdings ziemlich wirr. Kevin nahm mal die Rolle eines Motivationstrainers, mal die eines “Kämpfers” für “das deutsche Volk” ein. Dies schien sein Versuch zu sein, den Streit innerhalb der Szene zu überwinden und die Rechten zu aktivieren.

Anwesend waren mehrere Personen, die auch am 9. Oktober 2021 bei Siegfried Borchardts Trauermarsch in Dortmund demonstrierten, unter ihnen der Streamer Kevin Gabbe. Weiter Richard Lange (Bruderschaft Deutschland), der mit einer Handvoll seiner “Brüder” aus Düsseldorf anreiste, und Cindy Kettelhut (früher Begleitschutz Köln).

Auch Jürgen Hans Grimm von PI-News ließ sich blicken (im Hintergrund mit grünem Parka und gestreiftem Pulli). Mittig mit schwarzer Basecap Cindy Kettelhut und vorne rechts Richard Lange

Zu Beginn der Veranstaltung behauptete Kevin Strenzke, mit einem AfD-Mann aus Kleve telefoniert zu haben, der in Kleve „Corona-Spaziergänge“ organisiere. Weiter sprach Strenzke von einem „Hick-Hack“ innerhalb der rechten Szene und dass es frustrierend sei, dass man sich schon gegenseitig die Köpfe einschlagen würde. In diesem Sinne beschwor Strenzke Eintracht, wobei er im selben Satz verkündete, dass er inzwischen auch „klare Kante“ zeige und nicht mehr mit jedem und viele auch nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten würden. Strenzke schien gar nicht erst zu versuchen, den internen Zwist zu vertuschen. Weiter bedauerte Strenzke den „überproportional“ häufigen Tod von „Patrioten” in letzter Zeit. Namentlich nannte er Manfred Horn, Udo “den Lebensgefährten von Iris Swoboda” (“Mütter gegen Gewalt”), Siegfried Borchardt und Frank Theißen. In einer Schweigeminute wollte er den Toten gedenken, leise war es währenddessen dank des Gegenprotests jedoch nicht. Gleichzeitig konnte er selbst nach dem Tod von Manfred Horn nicht von alten Zerwürfnissen und Streitigkeiten ablassen. So erwähnt Strenzke aufgewühlt, dass ihm vorgeworfen wurde 20 Euro, die für Manfred Horn bestimmt waren, unterschlagen zu haben.

Kevin Strenzke (Foto von Infozentrale)

Neben internen Streitigkeiten, die Strenzke insgesamt dann doch irgendwie überwinden möchte, will er auch den „Schuldkult“ beenden. “Die Deutschen” müssten sich von der Vergangenheit lösen und gleichzeitig “vollenden, wofür die Ahnen auf den Schlachtfeldern gefallen sind”. Denn “die Deutschen” seien etwas ganz besonderes. Zwischendurch ging es dann auf einmal um „3-G, 2-G, 1-G“ und plötzlich um Schimanski und den Tatort. Unserer Einschätzung nach konnte ihm niemand so richtig folgen.

Allerdings wurde schnell klar, dass er während seinen Reden den Holocaust relativiert und eine Geschichtsumdeutung vornimmt als er z.B. sagte: „Wir müssen uns […) von vor ’45 lösen, was nicht heißt, dass wir die Vergangenheit nicht mal richtig aufarbeiten, diese sogenannte Lügen- und Siegergeschichtsschreibung – ich hoff ich hab jetzt nix falsches gesagt, ne? Hehe… aber ihr wisst was ich meine.“ Die Bezeichnung “Lügengeschichtsschreibung” kann dahingehend interpretiert werden, dass er den Holocaust als Lüge bezeichnen möchte.

Markus Rahmsdorf brüllt sich in Rage (Foto von Infozentrale)

Der erste angekündigte Redner ist Markus Rahmsdorf, der die Bewegung „Neue Stärke“ nach NRW holen will und erst kürzlich aus Münster nach Krefeld gezogen ist. Die sogenannte “Neue Stärke” ist eine seit 2020 existierende Abspaltung der Neonazikleinstpartei “Der Dritte Weg”. Jedoch kopiert sie zum Großteil das Auftreten sowie die inhaltliche Ausrichtung vom “Dritten Weg” und hat vor allem rund um Erfurt ihren Schwerpunkt. Die “Neue Stärke” orientiert sich am historischen Nationalsozialismus und beschwört einen besonders aggressiven und kämpferischen völkischen Nationalismus. Rahmsdorf, der schon als AfD-Ordner, Corona-Leugner, Gelbweste, im Umfeld von HoGeSa und mit der wenig erfolgreichen rechten Gruppierung “Patriotic Opposition Europe” (POE) aufgefallen ist, hielt seine Rede ohne jeden roten Faden. Hauptsächlich schimpfte er gegen die „rote Pest“ und gedachte nebenbei dem verstorbenen „Birdy“. Während er erwähnte, dass seine Groß- und Urgroßeltern Deutschland nach dem Krieg wieder aufgebaut hätten, brüllt er ins Mikrofon. Weiter machte ihn der lautstarke Gegenprotest sichtbar wütend. So brüllte er weiter, dass der Gegenprotest, fallen werde, “denn die Feinde Deutschlands fallen immer”. Als der Gegenprotest dann zu einer eigenen Demonstration aufbrach waren die Faschos deutlich irritiert. Sie hatten wohl nicht damit gerechnet, ihr einziges Publikum zu verlieren.

Orgateam: Tanja M., René A., Kevin Strenzke, Hanno B. (v.l.n.r.)

René Abel verbreitete in seiner Rede krude Verschwörungserzählungen und reihte sich ein in die Reihe der Reden mit eigener, verquerer Logik. Mit Äußerungen wie der, dass Corona der “größte Völkermord der Geschichte” sei relativierte er den Holocaust. Später verkündet er, dass der Islam der Nationalsozialismus sei, nur in einer extremeren Ausprägung. Seine Geschichtsauffassung wird weiter deutlich als er aufgeregt erzählte, dass der “globale Kommunismus” DAS Problem in Deutschland sei. Zudem wurde sichtbar, dass er sich durch den Gegenprotest gekränkt fühlt. So äußerte er, dass er es gemein finde, dass er Nazi genannt wird. Auch er kommt von Stöckchen auf Hölzchen, ohne einem roten Faden zu folge.

Dennoch werden die verbindenden Elemente zwischen den Redebeiträgen deutlich, so wird ein aggressiver und exkludierender (für die Faschos natürlich inkludierender) Volksbegriff verwendet. Dieses angesprochene Volk wird durch eine eigene Geschichtsauslegung, die eine Relativierung des Holocaust und der Zeit des Nationalsozialismus beinhaltet, konstruiert und immer wieder im Hier und Jetzt beschworen. Um jedoch nicht nur in der Vergangenheit zu verweilen, werden aktuelle Themen wie die Covid-19-Pandemie, als gesellschaftlich derzeit alles beherrschendes Thema, aufgegriffen. Und als Aufhänger werden immer wieder die Gegendemonstrant*innen addressiert und zum Thema gemacht. Denn diese sind eben die stetigen Begleiter*innen dieser Veranstaltungen.

Verabschiedet werden die Faschos schließlich nach ca. 3 Stunden von Stefan mit den Worten „Kommt gut nach Hause – lasst euch nicht von denen erwischen!“. Wer konkret diese “denen” ist, wird nicht weiter erläutert und lässt den Interpretationsraum offen.

Foto von Infozentrale

Zusammenfassend ist und bleibt Pegida NRW ein absolutes Trauerspiel, wir haben auch nichts anderes erwarten. Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass es sich bei den Teilnehmenden zum Teil um organisierte Nazis handelt. Sie sind nicht ungefährlich, verbreiten sexistisches, rassistisches und antisemitisches Gedankengut und schrecken auch vor körperlicher Gewalt nicht zurück. Gleichzeitig können ihre öffentliche Auftritte und die ständige Wiederholung der immergleichen Parolen dazu führen, dass eine Normalisierung ihrer Gegenwart und ihrer politischen Agitation und eine gesellschaftliche Gewöhnung und Abstumpfung stattfindet. Außerdem dienen die wiederkehrenden Versammlungen als wichtige Vernetzungsplattformen, auf denen Pläne geschmiedet und politische Aktionsgruppen gefunden werden können.

Deshalb überrascht es leider nicht, dass die rechten Aktivist*innen von Pegida NRW rund um Kevin Strenzke trotz der marginalen Reichweite und mit den immergleichen Teilnehmer*innen am 12. Dezember 2021 um 15 Uhr am Hauptbahnhof erneut in Duisburg demonstrieren wollen. Auf Facebook bewerben sie ihren Aufmarsch mit gewohnt furchtbarem Grafikdesign und den Worten: “Auf gehts!!! Die Impfung schadet!!! Alle nach Duisburg am 12.12.” Unter dem Motto “Kulturerhalt! Freiheit und Solidarität durch Impfpflicht???” 

Lasst uns auch dieses “Event” der Rechten wieder zum Desaster machen! Kommt deshalb am 12.12.2021 zum Duisburger Hauptbahnhof, um Euch den Nazis in den Weg zu stellen und unsere Utopie vom schönen Leben für alle auf die Straße zu tragen. Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!